Es hat lange gedauert, nun scheint die Rechtswissenschaft aufgewacht. Nachdem anfangs nur der Staatsrechtler Rupert Scholz die Flüchtlingspolitik der Regierung öffentlich kritisierte, mehren sich jetzt die Stimmen.
Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, beklagt „rechtsfreie Räume“ und eine „inakzeptable Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit“. Sein früherer Kollege Udo Di Fabio sieht „keine gesetzliche Grundlage“ für die Grenzöffnung, der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis „klare Verfassungsverstöße“. „Geltendes Recht“, so Battis, „wird fortwährend gebrochen“.
Noch deutlicher formuliert es Michael Bertrams, einst Präsident des Verfassungsgerichts von Nordrhein-Westfalen. Er betrachtet die Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen zu öffnen, als klare „Kompetenzüberschreitung“, Ausdruck einer „selbstherrlichen Kanzler-Demokratie“. Sein geschichtsschweres Fazit: „Merkels Alleingang war ein Akt der Selbstermächtigung.“
Damit erinnert Bertrams an 1933, und nicht ohne Grund. Das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten beendete die Gewaltenteilung, indem es der Reichsregierung gesetzgeberische Befugnisse einräumte. Das Parlament war dadurch überflüssig, die Ermächtigung des Reichskanzlers Hitler ein Akt der Selbstabschaffung.
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