23.08.2019 Reisebericht – Wahlkampfhilfe des KV Stade in Brandenburg

BB 3– Delegation aus Stade unterwegs im Landkreis Elbe-Elster –

„Niedersachsen muss dem Osten helfen.“

Das sagte ein Teilnehmer beim Stader AfD-Stammtisch. Er meinte es ernst, aus tiefster Seele, gewann damit den Vorstand, wegen Wahlkampfhilfe nachzufragen. Es klappte mit dem Nachbarn Brandenburg. Volker Nothing, Direktkandidat vom AfD-Kreisverband Elbe-Elster, nahm das Hilfsangebot dankend an und schlug dafür ein Wochenende vor, das es in sich hatte.

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Politiker von Rang und Namen sollten kommen. Leyla Bilge, Norbert Kleinwächter, Martin Reichardt, Andreas Kalbitz, Björn Höcke und weitere. Er schloss die Aufzählung mit einer magischen Frage: „Wollt ihr mitkommen?“ Ich war überzeugt, bevor er ausgeredet hatte. Es schloss sich dann der kleinen Delegation noch ein gebürtiger Rostocker, Berliner, Hamburger an. Vielleicht war auch das ein Grund für die folgenden Ereignisse…

 Die Reise begann, die Fahrt verlief ruhig. Wir lernten den ebenso sympathischen Helfried kennen, verteilten gemeinsam Flyer an die Haushalte – und der Termin für die erste Veranstaltung rückte näher. Wir fanden die entsprechende Gaststätte und wunderten uns. Wenige Autos auf dem Parkplatz, kein Sicherheitsdienst, keine Absperrungen. Drinnen kaum zwei Dutzend Gäste.

„Schau mal, das soll ein Nazi sein.“

Natürlich erkannte ich Leyla Bilge sofort, hatte ich doch an der von ihr organisierten Frauendemo in Berlin teilgenommen. Meine Erinnerung an die damaligen Blockaden, die auch nach Stunden nicht von der Polizei aufgelöst worden waren, die Pöbeleien von ungewaschenen, betrunkenen, aggressiven Antifanten war sofort wieder gegenwärtig. Diesmal würde es gesittet ablaufen, da war ich mir sicher. Ich steuerte auf sie zu und verwickelte – was mich selbst verblüffte – sie ausgerechnet wegen ihrer grandiosen Schuhe in ein Gespräch. Selbstverständlich freundeten wir uns unverzüglich an. Getrübt wurde die ausgelassene Stimmung allerdings, als sie auf den neben ihr stehenden Mann deutete: „Schau mal, das soll ein Nazi sein. Leute wurden extra herangekarrt, um ihn zu beschimpfen.“

Ich wusste nicht, worauf sie hinaus wollte. Der Mann trug weder Bomberjacke noch Springerstiefel, hatte weder Tätowierungen noch martialisches Aussehen. „Wegen der wenigen Haare auf dem Kopf?“ Er antwortete mit einem unfassbar schmerzlichen Unterton: „Nein, wegen meines Sohnes.“

Als ich nachfragte und „Hempel“ hörte, war alles klar. Vor mir stand Karsten, der Vater des getöteten Marcus. Ein gequälter Mann mit wässrigen Augen, der im Laufe  des Abends seinen Kampf für Gerechtigkeit, sein Martyrium erläuterte, vom Zusammenhang zwischen zertrümmerten Augenhöhlen, Notwehr und verschwundenen Pressemitteilungen sprach. Das passte leider zu den Ausführungen der bedrohten Menschenrechtsaktivistin Leyla Bilge, bei der sich der Staatsschutz auch schon mal wundern konnte: „Wer soll das sein?“

Nach diesem Abend fragte sich das niemand von den Zuhörern, zu eindringlich waren die Schilderungen von Ungerechtigkeiten – und zu interessant die Ausführungen des nächsten Redners, Norbert Kleinwächter.

„Sie denken nicht an die Zukunft!“

Das war der ehemalige Lehrer, der nun CDU und SPD im Bundestag einheizt, denen ihre Subventionsschleuder, Taschenspielertricks und respektlose Respektrente um die Ohren haut. An diesem Abend sprach er ausführlich, ohne Manuskript und dabei sogar verständlich. Selbst die Bundestagsarbeitskreise und eins der zur Debatte stehenden Rentenkonzepte machte er leicht verdaulich. Er scheint also ein guter Lehrer gewesen zu sein, und so ganz nebenbei zerpflückte er auch den „Nur-ein-Thema-Partei“-Vorwurf des politischen Gegners.

Schade nur, dass das kaum jemand mitbekam. Denn dort war das gleiche Phänomen zu beobachten wie in Niedersachsen – aus Angst um den Job, aus Sorge vor sozialer Ausgrenzung waren die meisten Stühle in der liebevoll und geschichtsträchtig eingerichteten, moderate Preise bietenden Gaststätte leer geblieben.(1)

Am nächsten Tag war das anders.

„Ich habe keine Polizei mehr, die sind alle bei euch.“

Als das die Bürgermeisterin zu Helfried kurz vor der Kalbitz-Höcke-Veranstaltung sagte, rechneten wir ernsthaft mit Hamburger Verhältnissen, den üblichen 3000 geifernden Widersachern, die 150, meist ältere Bürger bedrängen.

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Weit gefehlt. Als wir uns dem ehemaligen Kulturhaus näherten, standen vier Polizisten bei drei sich sonnenden Gegendemonstranten, während über 300 Gäste herbei strömten. Sie verteilten sich ohne Absperrungen und Ordnerkommandos, wurden auch verschont von misstrauischer Einlasskontrolle, Taschenüberprüfung und Konfiszierung der mitgebrachten Getränke. Wahrscheinlich hatte die ohnehin niemand mit, denn bei Caterer-Preisen von 3 € für Bockwurst und großes Wasser gab es nichts zu kritisieren.

Die dafür verantwortlichen, bewundernswerten Organisatoren Siegfried und Katrin kümmerten sich sogleich hervorragend um uns. Wie auch Peter Drenske, der heitere, schlagfertige, zweite Direktkandidat aus dem Elbe-Elster-Kreis.

„Wir wollen unser Land zurück!“

Volker gab ein Zeichen: „Foto mit Höcke!“ Bis zu diesem Moment hatte ich ihm nicht geglaubt, dass wir der „Reizfigur der AfD“ tatsächlich nahe kommen würden, dem Mann, von dem „Höcke verkörpert Eitelkeit und Anmaßung“ geschrieben wird.

Wir eilten hin – und sprachen mit dem Thüringer Landesvorsitzenden. Ziemlich lange für mein Gefühl. Er nahm sich dennoch die Zeit – vor seiner Rede, vor seiner stundenlangen Rückfahrt zum geplanten Landesparteitag, trotz mehrerer Wartender. Dazu kreisten wir ihn regelrecht ein, zerlegten unter Garantie Zeitplan und Protokoll. Doch weder hinderten uns eventuelle Personenschützer daran, noch blickte Björn Höcke auch nur einmal genervt zur Seite. Er antwortete geduldig, höflich – und wir erlebten einen gebildeten, introvertierten, angenehmen Mann.

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Wenige Augenblicke später verzückte er dann wie gewohnt die Zuhörer, brachte Wahlprogramm und Grundprinzipien mitreißend an. Auch mit den Forderungen, die schon länger hier Lebende als legitim empfinden, erreichte der die üblichen stehenden Ovationen.

„Vollende die Wende!“

Klar, es gab bei den Rednern Unterschiede – Aufregung bei den einen und Routine bei den anderen. Aber das machte es authentisch und liebenswert.

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Martin Reichardt, Landesvorsitzender aus Sachsen-Anhalt, hätte zum Beispiel kein Mikrofon gebraucht. Er donnerte seine Botschaften in den Saal, was mich überraschte – aber beim gemütlichen Grillabend danach vom ehemaligen Offizier ausgiebig aufgeklärt wurde.

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Bevor es allerdings soweit war, viel Schweinefleisch und wenig Grünes zu genießen, betrat noch der brandenburgische Landesvorsitzende, Andreas Kalbitz, die Bühne. Auch er hielt sich nicht lange mit Floskeln auf, gab der Mainstream-Presse wieder genug zum Abarbeiten.

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Unter anderem das ansprechende Wahlprogramm:

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Die Attacken von Presse und politischem Gegner scheint er jedenfalls locker wegzustecken, denn lachend bekräftigte er abends:

„Zum Schluss zählen die verkauften Pommes!“

Dem ist nichts hinzuzufügen – außer einem herzlichen Dankeschön für die faszinierende Zeit in Brandenburg. Danke für die wunderbaren Gespräche, die beeindruckende Organisation, Ruhe und Ordnung, Information und Begeisterung.

Danke an Volker, Katrin, Peter, Helfried, Siegfried, Beate, die Rheinland-Pfälzer, das Paar aus Nieska, Leyla Bilge, Karsten Hempel, Norbert Kleinwächter, Martin Reichardt, Andreas Kalbitz, Björn Höcke und die anderen Helfer.

Noch ein Augenzwinkern Richtung Niedersachsen:

„Nein, Freunde. Der Osten kann uns helfen.“

E. Nitschke, AfD Kreisverband Stade

 

(1) Wer in dieser Gaststätte essen möchte, wendet sich zwecks Adresse bitte an Volker Nothing.

(2) Die Fotos wurden freundlicherweise vom AfD-Kreisverband Elbe-Elster zur Verfügung gestellt.