Der AfD Kreisverband Stade hatte am 12.5.2024 am Lühe-Anleger einen Info-Stand zur EU-Wahl aufgebaut. Die „Omas gegen Rechts“ organisierten eine Gegendemonstration, die äußerst dürftig besucht war. Die Polizei war ebenfalls vor Ort. Die Gruppe CDU/Bündnis90/Die Grünen im Rat der Gemeinde Grünendeich reichte daraufhin einen Antrag ein, dass zukünftig politische Veranstaltungen am Lühe-Anleger untersagt sein sollten.
Die Ratsmitglieder lehnten diesen Antrag auf ihrer Sitzung am 18.06.2024 einstimmig ab, nachdem die Verwaltung klargestellt hatte, dass man mit einem solchen Verbot rechtswidrig handeln würde.
Hier der Auszug aus dem Ratsinformationssystem zu diesem Tagesordnungspunkt:
„Am 12.05.2024 fand auf dem Gelände des Lühe-Anlegers eine Wahlkampfveranstaltung aufgrund der EU-Wahl statt.
Aufgrund der politischen Orientierung der Partei kam es zu einer Demonstration eines anders-orientierten Zusammenschlusses.
Da der Lühe-Anleger der Naherholung dienen soll, wurde die Verwaltung gebeten zu prüfen, ob ein Verbot von Wahlkampf am Lühe-Anleger möglich ist.
Das Aufstellen eines Wahlkampfstandes auf Verkehrsanlagen ist eine Sondernutzung nach § 18 NStrG oder §§ 46, 32 StVO und Bedarf der Sondergenehmigung.
Sobald ein Werbestand einem Grundrecht zuzuordnen ist (z.B. Artikel 4 Religionsfreiheit, Artikel 5 Meinungsfreiheit, Artikel 21 Parteirecht etc.), besteht ein Anspruch auf Genehmigung. Auflagen können dennoch erteilt werden.
Das Verteilen von Flugblättern ist nicht genehmigungspflichtig und jederzeit erlaubt.
Folgende Urteile sind in einem Sachzusammenhang zu politischen Informationsständen weisend:
– VG München, 13.07.2006: Wahlinformationsstände nur zu Zeiten des Wahlkampfes zuzulassen, ist unzulässig.
– Ebenda: Die Versagung der Sondernutzung aufgrund eines Ratsbeschlusses ist unzulässig.
– VG München, 12.08.2008: Die Versagung der Sondernutzung aufgrund der Beeinträchtigung des anliegenden Geschäftsbetriebs ist nicht zulässig.
– OVG Münster, 18.06.2020: Das Recht auf Sondernutzung ist wirtschafts-/wettbewerbsneutral zu erteilen.
– ebenda: Die Versagung einer Sondergenehmigung ist nur bei stark erhöhtem Störpotential oder der Grundrechtseinschränkung Dritter möglich
Die Gerichtsurteile zeigen den weitreichenden Umfang der Grundrechte als höchstes Schutzgut und die hinzunehmenden Einschränkungen auf.
In dem hiesigen Zusammenhang bedeutet dies, dass das Nicht-Zulassen politischer Informationsstände dazu führt, dass auch keine gewerblichen oder nicht-gewerblichen Informationsstände erlaubt sind, da die Versagung mit derartiger Grundsätzlichkeit zu begründen wäre, dass diese auch für alle übrigen Fälle gelte.
Rechtskonforme, örtliche Einschränkungen sind nur für Plakatierung in bestimmten Bereichen zulässig. Diese Bereiche müssen präzise benannt und begründet sein. Als Begründung kommen zum Beispiel geschichtliche, architektonische, städtebauliche Bedeutung, dörfliches Erscheinungsbild oder touristische Nutzung in Frage.
Die gesichteten Allgemeinverfügungen und Satzungen anderer Kommunen und Städte sehen vielmehr regelmäßig eine Ausnahme bei Gebietsbeschränkungen für Wahlinformationsstände vor.“