08.04.2016 Gedanken zur Zukunft Europas von Dr. Jens Wiharm

Von Dr. Jens Wilharm

Die Vereinigten Staaten von Europa, in dem die Vielfalt aller europäischen Völker unter einem Dach zusammenlebt, gleichberechtigt und unterschiedslos, sind für viele Politiker der etablierten Parteien ein schöner Traum, den sie seit vielen Jahren träumen. Ein Traum, der schon immer den Realitäten entrückt war, denn die europäischen Völker haben ihre eigene Kultur, ihre eigenen Traditionen und ihr eigene Mentalität. Eigenschaften, die sie unterschiedlich und deshalb auch besonders, ja sogar besonders liebenswert machen. Wollte man das alles gleich machen, bräuchte es wohl Generationen. Diese Zeit muss man den europäischen Völkern geben. So weit ist es noch lange nicht und die Erfahrungen mit der Europäischen Union zeigen auch, dass es wohl ebenso wenig erstrebenswert ist.

Doch selbst wenn man den Traum träumt, unterschiedliche Völker in einem Staat zu vereinen, dann müsste es doch zumindest klar sein, dass das umso besser und umso eher funktioniert, je geringer die Unterschiede zwischen diesen Völkern sind. Und umso größer die Gemeinsamkeiten. Was ist der kleinste gemeinsame Nenner? Manch ein Träumer würde wohl antworten, dies sei das Menschsein. Reicht das für ein glückliches und zufriedenes Zusammenleben, für das Funktionieren einer Gesellschaft?

Ich sage Nein. Wir werden alle in ein familiäres und soziales Umfeld hineingeboren, das uns prägt. Durch Religion oder Weltanschauung, Sitten, Gebräuche, Traditionen und eigene Erfahrungen. Dadurch werden wir zu Individuen. Individuen, die wohl am ehesten innerhalb einer Gruppe zu Glück und Zufriedenheit gelangen werden, innerhalb der Individuen leben, die eine ähnliche Prägung erfahren haben.

Der gemeinsame Nenner ist in unseren Breiten die gewachsene abendländische, christlich-jüdisch geprägte Kultur der europäischen Staaten, ganz unabhängig davon, ob der christliche Glaube nun gelebt wird oder nicht. Die finden wir in Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Großbritannien, Irland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Österreich, Ungarn, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, den baltischen Staaten, Russland und anderen Ländern Europas. Die finden wir nicht im Nahen Osten, nicht im Orient, nicht in Arabien, nicht in Afrika, und auch nicht in der Türkei. Wer nun aber hergeht und, aus welchen Gründen auch immer, eine Einwanderung von Menschen aus diesen völlig anderen Kulturkreisen nach Europa in großer Zahl, es handelt sich um Millionen, nicht nur zulässt, sondern mit allen Mitteln erzwingen will, der hat nicht nur einen romantischen Traum, sondern der ist wohl besessen von der größenwahnsinnigen Idee, wir müssten nicht nur in Europa alles gleich machen, sondern auf der ganzen Welt. Das ist die Idee vom Weltbürger, der überall zu Hause ist und sich, außer in unveränderlichen äußerlichen Merkmalen, die sich nach ein paar Generationen Durchmischung auch nivellieren lassen, in nichts unterscheidet. Idealerweise wohl noch regiert von einer einzigen Weltregierung.

„Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“ sang man in Deutschland in einer dunklen Zeit. Manchmal kommt es mir so vor, als sei der Geist dieser Zeit längst wiedergekehrt. In Gestalt der Ideen vieler deutscher, aber auch mancher europäischer Politiker. Die sich aus ganz unterschiedlichen Motiven einen autoritären europäischen Zentralstaat herbeisehnen und die Nationalstaaten auflösen wollen. Sei es, weil sie immer noch vom „Internationalen Sozialismus“ träumen oder, umgekehrt, von der Allmacht des Kapitals. In Gestalt derjenigen, die sich Antifaschisten nennen, sich aber wie Faschisten benehmen. In Gestalt derjenigen, die vorgeben, die Demokratie schützen zu wollen, aber die wahren Antidemokraten sind. In Gestalt vieler Mitläufer, die das zum Teil nicht einmal merken.

Heute geht es nicht darum, andere europäische Völker einem Deutschen Reich hinzuzufügen. Auch nicht darum, das Heilige Römische Reich deutscher Nation neu erstehen zu lassen. Heute geht es um nicht mehr und nicht weniger als um Europa und die Unterwerfung der nationalstaatlichen Interessen unter einen Zentralstaat. Und wieder sind es Deutsche, die hier eine maßgebliche Rolle spielen. Nur sind die Waffen nicht immer so offensichtlich wie die 250 Panzer, die die Amerikaner gerade nach Osteuropa schicken, um die Russen zu bedrohen. Weder die Amerikaner noch die Bundeswehr haben dort irgendetwas zu suchen.

Würde man die Einwanderung von Millionen sogenannter Flüchtlinge nach Europa als Migrationswaffe bezeichnen, was manche tun, sogar Berater des Weißen Hauses, dann dürfte das dem einen oder anderen zu weit gehen. Ob gezielt oder nicht, der Effekt ist der gleiche. Das Hereinholen von Menschen aus Kulturen, die in keiner Weise in ein aufgeklärtes Europa passen, macht Europa zu einem Pulverfass. Ein Pulverfass, in dem längst überwunden geglaubte Glaubenskonflikte dazu führen, dass Terroranschläge bald die Regel sein dürften, so wie in den Heimatländern der religiösen Fundamentalisten. Dies schafft eine Situation, in der Bürger bereit sind, zum Wohle der eigenen Sicherheit auf Rechte zu verzichten und zum Beispiel an einen europäischen Zentralstaat abzutreten. Ob das der Plan ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Aber klar ist, dass der Terror nur in den Ländern funktioniert, in die man ihn hereinlässt. Länder wie Polen, Ungarn oder die Slowakei haben erkannt, welches Risiko die massenhafte Aufnahme von Einwanderern aus fremden Kulturen für die eigene Bevölkerung mit sich bringt. Darum widersetzt man sich dort dem Plan von Angela Merkel und der Europäischen Kommission, als Flüchtlinge einreisende Einwanderer auf alle europäischen Länder zu verteilen. Die Kommission möchte diese Länder deshalb nun dazu zwingen. Es ist das erste Mal, dass der Europäische Zentralstaat in dieser Form in Erscheinung zu treten versucht. Nie zuvor wurde so deutlich, in welche Richtung sich diese EU bewegt. Wenn ein Staat nicht mehr selbst darüber entscheiden darf, wer in sein Staatgebiet einwandern darf und wer nicht, ist er dann noch ein eigenständiger Staat? Asylrecht ist nationales Recht und so muss es bleiben. Alles andere wäre ein inakzeptabler Eingriff in die nationale Selbstbestimmung. Das ändert nichts daran, dass eine Zusammenarbeit der europäischen Staaten in dieser Frage notwendig ist.

Ich habe Hoffnung, dass die betreffenden Länder sich gegen Zwangsmaßnahmen zur Wehr setzen und notfalls auch die EU verlassen werden. Auch die Briten, die sich ohnehin mit Austrittsgedanken tragen, dürften von den neuesten Ideen der Europäischen Kommission nicht angetan sein. Das wäre dann der Anfang vom Ende dieser Fehlkonstruktion. Endlich. Und es wäre das politische Aus für Angela Merkel. Schluss mit der Gleichmacherei und dem Albtraum von einem Europäischen Zentralstaat. Zurück zur Subsidiarität. Für ein Europa freier Vaterländer, die in Frieden und Freundschaft nebeneinander und miteinander leben. Zurück zu einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Ein klares Statement, dass Deutschland kein Einwanderungsland ist, solange das Volk nicht selbst per Volksentscheid nach Schweizer Vorbild über diese wichtige Frage entschieden hat. Das sind Forderungen, die man von der Alternative für Deutschland erwarten kann, wenn sie sich Ende des Monats in Stuttgart ihr Parteiprogramm gibt.